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Thomas Breckner

Schreiben an den Richter

Da ich noch immer mit der Staatsanwaltschaft in Köln und Palma telefoniert habe und auf eine Rückmeldung gewartet habe und mir von Palma versichert wurde, dass das Amtshilfeansuchen bereits nach Köln gesendet wurde, aber leider noch nicht in Köln angelangt ist, möchte ich euch noch ein weiteres Schreiben lesen lassen, dass ich an das Gericht in Palma gesendet habe. Hoch verehrter Herr Präsident …,

wir, die Eltern des in Ihrem Zuständigkeitsbereichs verstorbenen 17 jährigen österreichischen Staatsbürgers Andreas Kletzl, wenden uns in anhaltend tiefer Trauer nunmehr an Sie persönlich, in der Hoffnung, Ihr Verständnis und Ihre Hilfe zu finden.

Unser Sohn Andreas kam ums Leben, weil er von einem der Balkone im 6. Stock des Hotels Obelisco in die Tiefe stürzte.

Wir möchten ausdrücklich betonen, dass wir die Ermittlungen der Mordkommission und die Arbeit Ihrer Behörde in keiner Weise kritisieren. Die umfassende bildliche Tatortdokumentation war sogar vorbildlich. Dennoch quälen uns große Zweifel vor allem deshalb, weil noch nicht alle Möglichkeiten der Wahrheitsfindung ausgeschöpft wurden. Deshalb können wir auch mit der Aufarbeitung des Todes unseres Kindes nicht abschließen. Leider waren unsere Bemühungen, Antworten auf noch offene Fragen zu bekommen bislang vergeblich.

Neben vielen offenen Fragen, beispielweise wer wohl noch Tage nach dem Tod unseres Sohnes dessen Handy für Gespräche nach Afrika nutzt und 2500,00€ Gebühren verursachte, gäbe es vor allem noch ein letztes Anliegen, welches nur die spanischen Ermittlungsbehörden erfüllen können: Es geht darum, den letzten Begleiter unseres Sohnes vernehmen zu lassen. Es handelt sich dabei um einen jungen deutschen aus dem Raum Köln.

Der zuständige deutsche Staatsanwalt in Köln erklärte uns, dass dieser Zeuge nur vernommen werden darf, wenn die spanischen Behörden darum ersuchen. So sei die Rechtslage. Zuständig für die Ermittlungen sei alleine das Untersuchungsgericht Palma de Mallorca. Nur wenn von dort im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens der Antrag gestellt wird, diesen jungen Mann als Zeugen zu vernehmen, würde dies umgehend veranlasst werden.

Daran, dass dieser junge Mann als letzter Begleiter und damit als die Person, die unseren Sohn zuletzt lebend gesehen hat, eventuell wertvolle Hinweise geben kann, die zur Aufklärung beitragen könnten, dürften wohl keine Zweifel bestehen. Nur er könnte evtl. sagen, wo sie sich mit wem zuletzt aufgehalten haben und warum unser Sohn in dieses Hotel gegangen ist, in dem er gar nicht wohnte. Vielleicht kann er auch erklären, wer das Mobiltelefon unseres Sohnes an sich genommen hat und wo evtl. mehrere hundert Euro geblieben sind, die er nachweislich nicht für Getränke ausgegeben haben kann.

Kurz nach dem Vorfall hat sich der junge Mann, den unser Sohn wohl in einem Lokal kennengelent hatte, telefonisch bei uns gemeldet. Allerdings beließ er es bei dubiosen, vagen Andeutungen, ohne konkret zu werden. Er macht aber den Eindruck, als würde ihn etwas belasten. Obwohl er zusagte, sich wieder zu melden, ließ er nichts mehr von sich hören und reagierte auch nicht auf Anrufe. Das macht uns stutzig, wie man sich sicherlich vorstellen kann. Was weiß der junge Mann und warum will er nicht mit uns reden? Wir hegen keinerlei Verdacht gegen ihn, aber wir erhoffen uns natürlich Aufschluss bezüglich der letzten Stunden im Leben unseres Sohnes.

Es ist für uns schwer verständlich, warum es in einem vereinten Europa nicht möglich sein soll, einen Bürger als Zeugen vernehmen zu lassen, wenn es um den Tod eines Menschen geht. Unser Sohn war österreichischer Staatsbürger, aber die österreichischen Behörden erklären sich für nicht zuständig. Die deutschen Behörden dürfen erst helfen, wenn sie von den zuständigen spanischen Behörden darum ersucht werden. Leider sahen die zuständigen spanischen Behörden dafür bislang keine Notwendigkeit. Deshalb bitten wir jetzt Sie, sehr geehrter Herr Präsident, um Ihre Hilfe. Bitte veranlassen Sie Kraft Ihres Amtes, dass ein solches Ersuchen gestellt wird. Aus unserer Sicht wäre kein großer Aufwand damit verbunden. Der Staatsanwaltschaft Köln ist der Fall bereits bekannt, und wie uns zugesichert wurde, würde dem Ersuchen sofort nachgekommen. Es fehle nur der Auftrag aus Spanien.

Wir als Eltern eines toten Kindes klammern uns selbstverständlich an jeden Strohhalm, um diese quälende Ungewissheit loszuwerden. Dafür bitten wir Sie, sehr geehrter Herr Präsident, um Verständnis. Entschuldigen Sie bitte, dass wir den direkten Weg zu Ihnen wählen. Aber nachdem unser Anwalt in Spanien bislang nichts erreichen konnte, sind Sie zu unserer letzten Hoffnung geworden. Bitte helfen Sie uns, endlich abschließen zu können. Es wäre auch ein Akt der Menschlichkeit für den wir Ihnen auf ewig dankbar Wären.


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